PFERD. Open Studio Bar

geöffnet fast jeden Montag ab 19:00 Uhr und auf Anfrage

 

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Turin 2010


Wilde Nächte in Turin

Das Künstlerduo Bildstein und Glatz war eigentlich nur der klimatischen Bedingungen wegen zur Ausstellung nach Turin gefahren. Leider war es alles andere als warm, es hat geregnet... Das Konzept der Ausstellung entstand im Schlafwagen, irgendwo unter dem Simplonpass, und war beim ersten Rundgang durch die Ausstellungshallen schon wieder vergessen. Gemäss Einladung als Teilnehmer einer Skulpturenausstellung, fühlten sich die beiden etwas deplatziert, wollten aber auch nicht absagen. Wann wird man sonst das nächste Mal wieder eingeladen? Etwas ratlos, was nun wirklich in der Ausstellung realisiert werden soll, fanden sie zum Glück bekannte Elemente wieder. In der Ausstellungshalle gab es eine Bar! Diese war im letzten Jahr, bevor die Kultur Einzug gehalten hatte, bankrott gegangen. Diesem Ort, dem Künstler eng vertraut, nahmen sich die beiden an. Eine Wiederöffnung für die Ausstellungsdauer war das Ziel. Ein neues Schild wurde hergestellt, aufgeräumt und eine Getränkekarte entworfen. Auf dieser wurden die Drinks nach den Helden der Kunst der zwei benannt, was sich noch als schwerer Fehler herausstellen sollte. Zunächst lief alles wie am Schnürchen. Die Wiederöffnung der Mondscheinbar war ein voller Erfolg. Kaum einer der Künstler, welche an der Ausstellung beteiligt waren, oder der Besucher der Vernissage, welcher nicht in dieser Bar bis zum Morgengrauen feierte. Erinnerungen an Etablissements in Paris, in denen sich die Avantgarde traf, und von deren Namen nur unscharfe schwarz-weiss Fotos zeugen, werden wach. Und es heisst, gewisse der Künstler hätten nach dem fünften Drink arg perplex die Karte betrachtet, als sie ihren eigenen Namen darauf entdeckten. So lief es einige Wochen glatt und die hochprozentigen Drinks begannen sich in der Szene herumzusprechen. Man konnte am Morgen früh lokalen Künstlern begegnen, welche durch die Strassen bei Sonnenaufgang heimwärts torkelten, da sie zu intensiv mit den internationalen Stars der Kunstszene Bekanntschaft gemacht hatten – zumindest in der Form eines bunten Getränks. Grenadine für Kippenberger und Pfefferminz für Oehlen... Oder war es umgekehrt? Keine Ahnung! Aber auch egal. Hauptsache die Wahrnehmung wird geschärft. So hätte es noch Wochen weitergehen können, doch eines Tages die Ernüchterung! Es lief gerade Bonny Tiyler und die Stimmung war am Kochen. Eine Isländerin hatte die Schuhe ausgezogen und tanzte auf dem einzigen Tisch, der von einem wackeren Spanier gehalten wurde, dass er nicht kippte. Da traten drei adrett gekleidete Carabinieri ein. Während sich Bildstein gerade fragte, wie die es schafften, noch um fünf Uhr in der Früh auszusehen wie in einem Italienischen Autorenfilm der Sechzigerjahre, ging Philippe Glatz in bester Absicht zuvorkommend auf die Beamten zu. In gebrochenem Italienisch erklärte er, dass die Musik sofort leiser gestellt werden würde und dass eine Bewilligung für das Ausschenken von Alkohol vorhanden sei. Schockiert musste Glatz erfahren, dass nicht etwa ein Problem vorlag, welches in jeder Schweizer Stadt früher oder später am Abend zum Besuch der Staatsmacht führt. Nein, die Herren waren vom Innenministerium! Innenministerium? Ungerührt erklärten sie, dass diese Bar geschlossen werde. Denn per Definition des italienischen Gesetzes zum Schutz von Kulturgütern sei jeder Künstlername nationales Eigentum und dessen Verwendung strikte untersagt. Und so zerstörte der Mitstreiter der Arte Povera Luciano Fabro, als Name eins Drinks auf der Basis von Rum, ohne sein Wissen das Projekt zweier junger hoffnungsvoller Künstler. So wurde aus dem bescheidenen Honorar für die Ausstellung die teuerste Italienreise der zwei Künstlerfreunde.